Iran- Verstoß gegen das Atomgesetz

Irans jüngster Verstoß gegen das Atomgesetz sollte der letzte Strohhalm für westliche Entscheidungsträger sein

Von Alejo Vidal-Quadras

Es war ein Schritt, der niemand hätte überraschen sollen, der hinreichend vertraut mit seinem Verhalten im Verlauf der Geschichte ist, dass das iranische Regime die Einhaltung eines vor kurzem ausgehandelten Übereinkommens mit der Internationalen Atomenergie Organisation verfehlt hat. Diese Übereinkunft war die neueste in einer Reihe von Bemühungen der Überbrückung, um das vollständige Scheitern des Atomabkommens von 2015 oder des Gemeinsamen Umfassenden Plans von Maßnahmen [JCPOA] zu verhindern. In jedem Fall wurde es klarer, dass das Abkommen nicht so effektiv war, wie das proklamiert wurde und dass Teheran nur die nutzlose Besessenheit der westlichen Mächte ausgenutzt hat, den JCPOA zu bewahren.
Das neueste Beispiel der Nicht-Einhaltung betrifft die Wartung der Ausrüstung, die zum Sammeln von Daten in verschiedenen Anlagen benutzt wird, die Gegenstand der Überwachung durch die IAEO waren, als das Atomabkommen voll in Kraft war. Anfang September hatte die IAEO bekannt gegeben, dass sie mit dem iranischen Regime zu einer Übereinkunft gelangt sei, dass den Inspektoren der Zugang zu diesen Anlagen erlaubt wird, damit sie Festplatten ersetzen und Routinewartungen durchführen können, um sicherzustellen, dass die Ausrüstung weiter Daten sammeln kann. Jedoch kam diese Bekanntgabe etwa zwei Wochen nach dem Ablauf der Frist für solche Routinewartungen, was hieß, dass es eine neue dauerhafte Lücke im Wissen der internationalen Gemeinschaft über die neuesten nuklearen Aktivitäten des Iran geben könnte.
Diese Lücke ist keineswegs die einzige, um so weniger, wenn man sie in die gleiche Kategorie einordnet wie die anderen Wissenslücken, die nach außen hin temporär sind, aber womöglich niemals aufgefüllt werden. Kurz nach dem In Kraft Treten des JCPOA fing die IAEO damit an, Antworten vom iranischen Regime zu erfragen in Bezug auf verdächtige Anlagen, die die Behörden niemals deklariert hatten. Teheran mauerte monatelang gegenüber der IAEO in Bezug auf die Frage des Zugangs und ergriff in dieser Zeit Maßnahmen, um diese Anlagen zurückzubauen und zu sanieren. Trotzdem wurden zuletzt Spuren nuklearen Materials in Bodenproben aus drei von ihnen gefunden und eine vierte steht weiterhin in Verdacht, nachdem sie nicht inspiziert wurde.
Im neuesten Vierteljahresbericht der IAEO über die nuklearen Aktivitäten des Iran wird betont, dass Fragen in Bezug auf diese Anlagen unbeantwortet geblieben sind. Die genannten Spuren repräsentieren nukleares Rohmaterial, für das es keine Rechenschaft gibt, und das deshalb bis heute zu heimlichen und unzulässigen militärischen Projekten beitragen kann. Der Bericht beschreibt auch weitere Fortschritte bei der öffentlich eingeräumten nuklearen Aktivität des Iran. Die Ergebnisse darin zeigen, dass das iranische Regime seit dem letzten Quartalsbericht sein Lager mit um 20 Prozent angereichertem Uran um mehr als 30 Prozent aufgestockt hat und dass es über mehr als 10 kg an auf 60 Prozent angereichertes Uran verfügt, womit der technische Schritt zur Waffenfähigkeit nur noch sehr kurz ist.
Was vielleicht am meisten zu verurteilen ist, ist, dass der IAEO Bericht enthüllt, dass eine vorherige Übereinkunft mit den iranischen Behörden zu einer sehr viel geringeren Absicherung gegen weitere Fortschritte geführt hat als ursprünglich gedacht. Im Februar hat IAEO Generaldirektor Rafael Grossi ein Abkommen ausgehandelt, das verhindern sollte, dass internationale Inspektoren überhaupt aus dem Land vertrieben werden, wie es ursprünglich geplant war. Dieses Abkommen hinderte jedoch den Iran nicht daran, dramatisch die Rolle der IAEO zu beschränken, und wie sich herausstellt, gehörten zu diesen Beschränkungen der Widerruf des Zugangs der Inspektoren zum ganzen Bereich der Überwachungsausrüstung, die für seine Arbeit wesentlich ist.

Vor dem neuesten Quartalsbericht wurde weithin angenommen, dass die IAEO weiter imstande sein werde, entscheidend wichtige Daten aufzuzeichnen, und dass ihr nur eine Video-Überwachung der Atomanlagen verwehrt sein würde. Teheran versprach, das in den Überwachungskameras gesammelte Filmmaterial aufzubewahren und der IAEO freizugeben, falls alle Unterzeichner die volle Umsetzung des JCPOA wieder aufnehmen würden. Tatsächlich gilt dieses Versprechen für jede Überwachungsausrüstung und es war der IAEO überlassen, sich primär auf Einschätzungen zu verlassen bei der neuesten Bestimmung des Ausmaßes der Aktivitäten des Iran. Der wirkliche Umfang seiner Anhäufungen könnte sich zuletzt als viel größer erweisen als berichtet oder fehlerhafte Schätzungen könnten für eine unabsehbare Zukunft ohne Korrektur bleiben, wenn Teheran die relevanten Daten zurückhält.
Alle diese Daten gehören jetzt komfortabel zur Liste der Dinge, die die internationale Gemeinschaft nicht über die nuklearen Aktivitäten des iranischen Regimes kennt und vielleicht niemals kennen wird, je nachdem ob die Situation weiter im derzeitigen Gleis bleibt. Dieses Gleis wurde bis jetzt von den Verteidigern des Atomabkommens festgelegt, die den Wert der Übereinkünfte des iranischen Regimes mit der IAEO überschätzt haben und damit dem Regime erlaubten, Vorteile gegenüber den anderen Unterzeichnern des JCPOA zu bekommen, indem sie das Abkommen bewahrten, auch wenn bedeutende Maßnahmen der Transparenz von den iranischen Behörden nicht vorliegen.
Das neueste Beispiel nach diesem Muster kam, als die IAEO berichtete, dass das iranische Regime, auch nachdem es das Beibehalten aller Ausrüstung gelobte, die im vorherigen Abkommen erwähnt waren, dennoch den Inspektoren einen Komplex in Karadsch versperrte, wo Komponenten der Zentrifugen für die atomare Anreicherung hergestellt werden. Diese Einrichtung machte zuvor Schlagzeilen, als berichtet wurde, dass eine Überwachungskamera dort in dem Zeitraum, als der Iran angeblich seine eigenen Daten gesammelt hat, zerstört und niemals ersetzt worden ist.
Teheran behauptet, dass diese Zerstörung das Ergebnis einer Sabotage durch eine auswärtige Macht gewesen ist. Aber es ist genauso möglich, dass der Iran sich mit unzulässigen Aktivitäten befasst hat, die eine Beschleunigung seiner Rate der nuklearen Anreicherung zum Ziel hatten, was zu einem Unfall führte, bei dem die Kamera zerstört wurde. Wie auch immer, das Regime verweigert nach allen Aussagen der IAEO, sie zu ersetzen, genauso wie es sich weigert, den Vorfall direkt gegenüber der Organisation zu erklären.

Nach all den vorherigen Berichten sollte diese neueste Entwicklung die Glaubwürdigkeit des Iran in ein Allzeittief bringen und die westlichen Unterzeichner des JCPOA dazu veranlassen, ernsthaft ihren Ansatz für das Atomproblem zu überdenken. Seit Juni warten die Europäische Union, Frankreich, Deutschland, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten darauf, dass der Iran die Verhandlungen in Wien wieder aufnimmt, die die Sabotage einer auswärtigen Macht reparieren sollen. Das iranische Regime hat inzwischen das Problem von sich abgeschoben und vage Terminpläne und Bedingungen für die nächste Runde der Gespräche vorgelegt und sich allgemein zu dem gleichen Vabanque Spiel bekannt, das zu erwarten sich Teherans Kritiker angewöhnt haben.
Es wird immer schwieriger zu sehen, welche Art von Auflösung die westlichen Mächte erwarten. Teheran hält wesentliche Daten zurück und weigert sich, private Übereinkünfte mit der IAEO die Ehre zu erweisen, und dehnt gleichzeitig den Verhandlungsprozess unendlich aus und testet die Geduld der internationalen Gemeinschaft. Leider scheinen viele westliche Politiker gewillt, dem Regime die Botschaft zu schicken, dass diese Geduld keine Grenzen hat. Natürlich haben einige ausdrücklich festgestellt, dass der Iran das Aufgeben des JCPOA riskiert und die Wiedereinsetzung aller Sanktionen der EU und der VN.
Man kann jedoch nicht erwarten, dass das iranische Regime solche Warnungen sehr ernst nimmt, wenn die fraglichen Erklärungen nicht mit Maßnahmen verbunden sind. Während die EU keine bedeutenden Schritte in irgendeine Richtung getan hat, hat der Iran beständig seine Verletzungen des JCPOA und sein allgemein provokatives Verhalten beschleunigt. Es ist lange überfällig, dass das Regime damit anfängt, Konsequenzen für solche Handlungen zu erleben, sei es in der Form neuer Sanktionen, größerer diplomatischer Isolation oder ausgedehnteren Drucks auf seine Handlanger, Verbündeten und Unterstützer.
Wie auch immer die Details aussehen mögen, die westlichen Mächte müssen absolut eine bestimmtere Haltung gegenüber dem iranischen Regime einnehmen. Ob der JCPOA je wieder hergestellt oder die Atomprobleme auf andere Art gelöst werden sollen, es wird nur mit Hilfe solchen Drucks geschehen. Das hat Teheran mit jedem neuen provokativen Schritt klar gestellt.

Dr. Alejo Vidal-Quadras
Alejo Vidal-Quadras, Professor für Atom- und Kern-Physik, war Vizepräsident des Europäischen Parlaments von 1999 bis 2014. Er ist derzeit Präsident des in Brüssel ansässigen International Committee In Search of Justice (ISJ) [Internationales Komitee für die Suche nach Gerechtigkeit]