Ein neuer Bericht der Vereinten Nationen prangert schwerste Menschenrechtsverletzungen des Teheraner Regimes an: Rekordzahl an Hinrichtungen, Festnahmen tausender Kinder, Tötung von Demonstranten und Folter in den Gefängnissen.
Auf der aktuellen Tagung des UN-Menschenrechtsrates in Genf hat Nada Al-Nashif (Bild), die stellv. Hohe Menschenrechtskommissarin der Vereinten Nationen, am 21. Juni den neuen Bericht des UNO-Generalsekretärs über die Menschenrechtslage im Iran vorgelegt. Der Bericht, der den Zeitraum vom 1. August 2022 bis 15. April 2023 umfasst, belegt zunehmende Menschenrechtsverletzungen des Teheraner Regimes.
Der Bericht konzentriert sich auf die Entwicklungen seit Beginn der landesweiten Proteste nach dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini am 16. September 2022. Die Protestdemonstrationen, die in allen 31 Provinzen des Landes stattfanden, brachten seit langem bestehende Missstände ans Licht, darunter die Diskriminierung von Frauen und Mädchen sowie von Minderheiten.
Dem Bericht zufolge setzten Regimetruppen im Zusammenhang mit den Demonstrationen unverhältnismäßige Gewalt ein, was zum Tod und zur Verletzung von Demonstranten führte. Die willkürliche Inhaftierung von Demonstranten, Aktivisten, Menschenrechtsverteidigern und Anwälten nahm im Berichtszeitraum deutlich zu.
Der UNO-Generalsekretär äußert in dem Bericht seine Besorgnis über die zahlreichen Festnahmen und Inhaftierungen seit Beginn der Proteste. Den vorliegenden Informationen zufolge wurden schätzungsweise 20.000 Personen wegen Unterstützung oder Teilnahme an den Protesten verhaftet.
Tausende Kinder festgenommen
Wie Nada Al-Nashif in Genf erklärte, befanden sich unter den Festgenommenen auch tausende Kinder. Im Berichtszeitraum seien mindestens 44 Kinder, darunter zehn Mädchen, von Sicherheitskräften getötet worden. Allein in der Provinz Sistan-Belutschistan seien mindestens zehn Kinder getötet worden. Es habe zahlreiche Vorwürfe gegeben, nach denen Sicherheitskräfte Verhaftete gefoltert hätten, um Geständnisse zu erzwingen. Auch sei über sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt gegen festgenommene Frauen, Männer und Kinder berichtet worden. Die Haftbedingungen im Iran, darunter die Verweigerung medizinischer Versorgung, schlechte sanitäre Bedingungen, verunreinigtes Trinkwasser und Überbelegung gäben weiterhin Anlass zur Sorge.
Dem UNO-Bericht zufolge sind die staatlichen Maßnahmen zur Durchsetzung der Verschleierungspflicht strenger geworden und härtere Strafen werden verhängt, was erhebliche Auswirkungen auf das tägliche Leben von Frauen und Mädchen hat. Frauen, die unverschleiert sind oder den Schleierzwang aktiv in Frage stellen, werden mit Hilfe von Gesichtserkennungstechnologie verfolgt und bestraft. Im Parlament werden neue Strafgesetze erörtert, die bei Nichtbefolgung des Schleierzwangs Freiheitsstrafen, Auspeitschung und andere Strafen ermöglichen sollen.
582 Menschen hingerichtet
Weiterhin wird in dem Bericht mit großer Besorgnis festgestellt, dass im Berichtszeitraum eine hohe Zahl an Todesurteilen verhängt und Hinrichtungen vollstreckt wurden. Im Jahr 2022 wurden im Iran 582 Menschen hingerichtet. Das ist ein Anstieg von 75 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021, in dem 333 Menschen hingerichtet wurden. Unter den Hingerichteten im Jahr 2022 waren drei Kinder.
Im Berichtszeitraum wurden vier Personen wegen ihrer Beteiligung an den landesweiten Protesten hingerichtet, wobei erhebliche Bedenken hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit und Fairness der Gerichtsverfahren gegen Demonstranten bestehen. Viele der Prozesse stützten sich auf Geständnisse, die unter Zwang, einschließlich Folter, erzwungen wurden. Seit der Hinrichtung der vier Personen wurden im Zusammenhang mit den Protesten weitere 19 Personen zum Tode verurteilt. Sie befinden sich in unmittelbarer Hinrichtungsgefahr.
Die stellv. Menschenrechtschefin der UNO stellte mit Bedauern fest, dass am 19. Mai 2023 drei weitere Demonstranten im Iran hingerichtet wurden. Zusammenfassend erklärte sie: „Insgesamt zeigt der Bericht eine sich verschlechternde Menschenrechtslage im Iran, verbunden mit dem chronischen Mangel an sinnvollen und wirksamen Möglichkeiten für die Bevölkerung, Beschwerden zu äußern oder Abhilfe zu suchen.“