Außenpolitische Experten fordern eine stärkere US-Politik, während der Iran in ein neues Jahr eintritt

NWRI- Am vergangenen Mittwoch veranstaltete das Vertretungsbüro des Nationalen Widerstandsrates des Iran (NWRI) in den USA eine Konferenz online – die sozial distanzierte Alternative der jährlichen Versammlung amerikanischer Freunde und engagierter iranischer Exulanten. Die Online-Konferenz galt der Feier des iranischen Neujahrsfestes Nowruz, das am Sonnabend gefeiert wurde und nach dem iranischen Kalender den Beginn des Jahres 1400 bezeichnet.

Profilierte Teilnehmer wandten sich an das virtuelle Auditorium von engagierten Iranern und Freunden des NWRI, die in Amerika leben; es nahmen Personen aus fast allen 50 Staaten teil. Außerdem fand in der vorigen Woche eine ähnliche Versammlung statt, die sich auf die Unterstützung konzentrierte, die der NWRI von beiden Parteien des Senats der USA erfährt. Zu diesem Zweck wurden Reden gehalten von den Demokraten Robert Menendez und Ben Cardin und den Republikanern Ted Cruz und John Cornyn sowie einigen weiteren Mitgliedern beider Parteien. Die Botschaft der von beiden Parteien ausgehenden Unterstützung wurde von den während dieser Woche gehaltenen Reden bestätigt; es sprach eine Reihe amerikanischer Akademiker, Diplomaten und ehemaliger Mitarbeiter der Regierung.

Mitchell Reiss, ehemaliger Präsident des Washington-College und früherer Mitarbeiter des Außenministeriums der USA, räumte freiwillig ein, daß in der gegenwärtigen Politik der USA eine von beiden Seiten gewährte Unterstützung selten sei; dabei gab er jedoch zu bedenken, daß die Haltung gegenüber dem iranischen Regime in dieser Hinsicht eine bemerkenswerte Ausnahme darstelle. Tatsächlich erweckten einige weitere Redner den Eindruck, daß in bezug auf den Iran die Unterstützung durch beide Seiten in den zurückliegenden Jahren zugenommen habe. Dafür spreche auch die Tatsache, daß die Regierung Biden an einer einfachen Umkehr der von der vorigen Regierung betriebenen Politik nicht

Der im Ruhestand lebende General Charles Wald – ehemaliger stellvertretender Kommandeur des Kommandos der USA in Europa – konzentrierte sich in einem großen Teil seiner Rede auf die vom Iran begangenen Verstöße gegen das Nuklearabkommen. Dabei räumte er ein, daß es gut gemeint sei; es weise jedoch ernsthafte Schäden auf, die von Kräften wie dem Corps der Islamischen Revolu-tionsgarden mittels ihrer gut eingeübten Täuschungspraxis ausgenützt würden. Wald forderte die USA auf, über die gegenwärtige Verweigerung des ersten Schritts zurück zum Status quo hinauszugehen und statt dessen eine neue, weiter reichende Vereinbarung anzustreben, die die unbegrenzte Expansion der nuklearen Tätigkeit des Iran und auch die übrigen bösartigen Maßnahmen des Regimes aufs Korn nehmen würde.
Der Gedanke eines umfassender auf das iranische Regime auszuübenden Drucks wurde während der Veranstaltung des Mittwochs zu einem gemeinsamen Refrain. Auch Robert Joseph – ehemaliger Unterstaatssekretär für Rüstungskontrolle und internationale Sicherheit – äußerte sich pointiert zu dem nuklearen Problem; er betonte, daß der Iran die Fähigkeit der Produktion von Atomwaffen aktiv erstrebe und dies Streben, solange das gegenwärtig herrschende System an der Macht sei, nicht aufgeben werde. Er ging darnach über zu Bemerkungen, die die Wesensart des theokratischen Regimes umfassender betrafen. Er sagte, es „könne nicht reformiert werden“, „sich nicht ändern“ und „einzig durch Repression und Brutalität überleben“.

Joseph – derzeit ranghoher Gelehrter des „Nationalen Instituts für öffentliche Politik“ – ging dann dazu über, davor zu warnen, daß das westliche Schweigen zu dieser Brutalität ein „Aufgeben unserer eigenen Werte und eine Ermutigung der Diktatoren aller Welt“ darstellen würde. Während der Veranstaltung bezogen sich praktisch alle Redner auf die Repression, die das Regime seinem Volk angedeihen läßt und die offenkundig in den vergangenen Jahren, während das regimekritische Empfinden sich ausbreitete und an Stärke gewann, noch zugenommen hat.

Im Dezember 2017 begann die Ausbreitung von Demonstrationen im Lande. Dadurch wurden provozierende Slogans wie „Tod dem Diktator“ populär; Mitte Januar umfaßte die Bewegung zwischen 100 und 150 Städte. Ein weiterer Aufstand im ganzen Lande – im November 2019 – erwies sich als noch erheblich stärker; dieselben regimekritischen Slogans ertönten in fast 200 verschiedenen Ortschaften. In seinen Ausführungen am Mittwoch bezeichnete Botschafter Marc Ginsberg diesen weiteren Aufstand als den „Blutigen November“; damit bezog er sich auf die Tatsache, daß die in Panik versetzten iranischen Behörden fast sofort nach Beginn der Unruhen das Feuer auf die Massen von Demonstranten eröffneten und dabei annähernd 1500 Personen ermordeten.

Dieser Vorfall gilt seitdem als Verbrechen gegen die Menschlich-keit – und dies um so zutreffender angesichts der Tatsache, daß die Morde mit bis zu 12 000 Verhaftungen einher gingen, was wiederum dazu führte, daß zahlreiche Häftlinge gefoltert und zu dem Zweck unter Druck gesetzt wurden, falsche Geständnisse abzulegen oder einander gegenseitig zu beschuldigen. Diese Taktik wurde in einem Bericht von Amnesty International, der den Titel „Die Humanität wird mit Füßen getreten“ trug, beschrieben, doch die Tagung am Mittwoch bestätigte geübten Kritikern des iranischen Regimes die Tatsache, daß diese Taktik von zahllosen früheren Maßnahmen zur Unterdrückung des Dissenses her schon längst bekannt war.

Die an der Veranstaltung Teilnehmenden machten auf diese Tatsache offensichtlich zu dem Zweck aufmerksam, besonders in Bezug auf die Menschenrechte eine entschiedenere Politik des Westens gegenüber dem iranischen Regime zu befürworten. Doch dieselben Teilnehmer ergriffen auch die Gelegenheit, die Gemeinschaft der engagierten Iraner und ihrer Freunde in der Diaspora wegen ihrer gegenüber der zunehmenden politischen Gewalttätigkeit an den Tag gelegten Widerständigkeit zu loben. John Sano, ehemaliger stellvertretender Direktor des Nationalen Geheimdienstes, sagte: „Trotz der offen-sichtlich harten Vergeltung … nehmen die Demonstrationen und die Unzufriedenheit weiterhin zu.“

Sano charakterisierte die den Demonstrationen zu Grunde liegenden Forderungen eines Wandels als die Unruhe großer Besorgnis auf Seiten der Führung des Regimes; denn jedweder Wandel würde mit Notwendigkeit zum Zusammenbruch des herrschenden Systems führen. Darnach legte er die Annahme nahe, die Vereinigten Staaten könnten dies Ergebnis allein schon dadurch befördern, daß sie die iranischen Funktionäre und Institutionen für die Verstöße gegen das JCPOA, für ihre Feindseligkeit auf internationaler Ebene und für ihre Menschenrechtsverletzungen verantwortlich machten. Dasselbe Empfinden bekundete Robert Joseph, nachdem er sich explizit für den Wandel des Regimes eingesetzt hatte – als die einzige dauerhafte Lösung der weltweit vom iranischen Regime hervorgerufenen Probleme.

Joseph bezeichnete das gegenwärtige System als „sprödes Regime, das gestürzt werden sollte und gestürzt werden wird“, und betonte dabei, daß der fragliche Sturz als Ergebnis jenes im Lande ausgeübten Drucks, der schon im Januar 2018 und im November 2019 ersichtlich war, zustande kommen werde. Die Rolle der USA dabei besteht, so der ehemalige Mitarbeiter des Außenministeriums, hauptsächlich darin, daß sie es vermeiden, der iranischen Widerstandsbewegung den Weg zu vertreten und das „Tier zu füttern“ – d. h. das gegenwärtige Regime – durch Milderung der Sanktionen oder zuzusehen, wie sich seine diplomatischen und kommerziellen Beziehungen ausweiten.

Die Leiterin des Vertretungsbüros des NWRI in den USA, Soona Samsami, sagte in der Rede, mit der sie die Veranstaltung am Mittwoch einleitete: „Das iranische Jahr 1400 wird anders sein als alle früheren“ – vorausgesetzt, daß westliche Maßnahmen Teheran nicht mit einer Lebenslinie ausstatten – anders, d. h. verbunden mit der Gelegenheit, daß die zivile Bevölkerung eine neue Regierung einsetzt. Sie sagte, das gegenwärtige System sehe sich „einer tiefen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Krise“ ausgesetzt, und die engagierten Iraner hätten sie in den vergangenen Wochen sich bereits zu Nutze gemacht – mit erneuerten Demonstrationen in einigen Regionen und Bereichen der Gesellschaft.

Frau Samsani schloß mit den Worten: „Für die Vereinigten Staaten und die internationale Gemeinschaft besteht die einzige Wahl darin, in ihrem Umgang mit dem iranischen Regime „ein Höchstmaß an Entschlossenheit“ an den Tag zu legen und „dem iranischen Volk an die Seite zu treten“.