NWRI-
Der Internationale Tag der Entführungen wird am 30.August statt finden. Amnesty International rief am Mittwoch die Vereinten Nationen auf, eine unabhängige Untersuchung über das Massaker von 1988 im Iran zu starten, bei dem Tausende politische Gefangene hingerichtet wurden.
Die iranischen Machthaber „weigern sich weiterhin, den Verbleib von Tausenden politischen Dissidenten bekannt zu geben, die entführt und außergerichtlich bei dem Gefängnis – Massaker von 1988 hingerichtet wurden. Dies ist ein dunkler Schatten, der seit Jahrzehnten über der internationalen Gemeinschaft liegt.“
„Der Tod von Tausenden Opfern ist bis heute nicht registriert worden und im ganzen Land sind Tausende Leichen in nicht markierten Massengräbern verscharrt worden. Seit mehr als 30 Jahren haben die iranischen Machthaber die Existenz dieses Massakers geleugnet und sie haben Massengräber versiegeln lassen und damit den Familienangehörigen zusätzliches Leid geschaffen, die wissen wollen, wo ihre Verwandten beerdigt sind.“, schrieb die Menschenrechtsgruppe.
Philip Luther, der Direktor für den Bereich Mittlerer Osten und Nordafrika bei Amnesty International, sagte dazu:“ Die Familienangehörigen der geheim ermordeten Menschen von 1988 im Gefängnis – Massaker leben weiterhin einen Alptraum. Sie und viele andere Menschen im Iran suchen nach Tausenden von verschwundenen Leichen, was bis zum heutigen Tag Fragen über das Justizsystem aufkommen lässt.“
„Es ist ein folgenschwerer Fehler, dieses Massaker von 1988 als historisches Ereignis herunter zu spielen. Die Entführungen gehen im Iran bis heute weiter und auch 30 Jahre später werden Familienangehörige im Unklaren darüber gelassen, wo ihre Verwandten geblieben sind.“, erklärte er.
Unter dem internationalen Recht sind Entführungen ein Verbrechen, bis der Staat belegt, wo die Personen verblieben sind. Wenn eine entführte Person gestorben ist, dann muss ihre Leiche an die Familien übergeben werden.
In einem Bericht vom Dezember 2018 zeigt Amnesty International die blutigen Geheimnisse auf: Warum das Gefängnis – Massaker von 1988 ein fortgesetztes Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist und warum das Schicksal und der Verbleib der Opfer dieser außergerichtlichen Hinrichtungen weiter unklar ist und dass die iranischen Behörden weiter damit fortfahren, Menschen zu entführen, sind unter anderem Themen dieses Berichts.
Der Iran hat unter dem internationalen Recht die Pflicht, dieses fortgesetzte Verbrechen zu untersuchen und den Opfern die Wahrheit, Gerechtigkeit und Reparationszahlungen zukommen zu lassen, schrieb Amnesty International. Es sollten unabhängige Experten heraus finden, wo sich die Leichen befinden. Dafür müssen Gräber exhumiert werden, DNA Analysen getätigt und die Orte der Leichen mitgeteilt werden, so wie es auch ihr Glauben, ihre Religion und Kultur vorsieht.
Wenn ein Mensch stirbt, dass haben die Behörden die Pflicht, einen Totenschein auszustellen. Auf ihm müssen akkurat der Tag des Todes, der Todesort und der Grund des Todes vermerkt sein. Dies ist in Tausenden Fällen bei den außergerichtlichen Hinrichtungen von 1988 nicht geschehen.
„Verbrechen gegen die Menschlichkeit werden wie folgt definiert: Verbrechen, die so schwer sind, dass sie nicht nur die Opfer betreffen, sondern auch die Überlebenden sowie die Frage der Menschlichkeit im Allgemeinen.“, sagte Philip Luther.
„Die UN Mitgliedsstaaten müssen jede Möglichkeit nutzen, auch eine Bewertung der Menschenrechtslage im Iran vor dem UN Menschenrechtsrat im November, damit die iranische Regierung unter Druck gesetzt wird, die Massengräber bekannt zu geben und den Verbleib der Opfer zu nennen, die bei dem tragischen Ereignis ums Leben kamen.“
Amnesty International rief die UN auf, eine unabhängige Untersuchung zu den außergerichtlichen Hinrichtungen und Entführungen zu beginnen, damit die Wahrheit aufgedeckt und diejenigen verfolgt werden, welche für das Verbrechen verantwortlich sind und damit die Überlebenden und die Angehörigen der Opfer Gerechtigkeit und Reparationszahlungen erhalten.
Die Menschenrechtsgruppe erklärte zudem:
Die iranischen Behörden haben die Leichen der Opfer der außergerichtlichen Ermordungen von 1988 nicht an die Familien übergeben. Sie haben es auch abgelehnt, den meisten Familien mitzuteilen, wo sich die Leichen befinden und sie haben versucht, alle Spuren der Opfer zu vernichten.
Amnesty International weis von fünf iranischen Städten – Ahvaz, Ardabil, Ilam, Mashhad und Rudsar – wo den Angehörigen verbal von den Behörden mitgeteilt wurde, wo sich Massengräber befinden. Doch weder öffentlich noch offiziell wurde bisher zugegeben, dass es im Land Massengräber gibt und es gibt Hinweise, dass einige von ihnen zerstört wurden.
Laut den Informationen, die Amnesty International vorliegen, haben einige wenige Familien in Bandar Anzali, Esfahan, Hamedan, Masjed Soleiman, Shiraz, Semnan und Teheran die Orte von Massengräber genannt bekommen und es wurden sogar Grabsteine aufgestellt, doch sie leben in ständiger Angst, dass die Behörden sie getäuscht haben und diese Massengräber in Wahrheit dort gar nicht vorhanden sind.
In Teheran hat Amnesty International heraus gefunden, dass 99% der Namen der Opfer auf 355 Gräbern am Friedhof Behest Zahra zu finden sein sollen. Doch die Opfer der Massenhinrichtung sind weder registriert noch in den Grablisten des Friedhofes zu finden.
Es gibt weitere Berichte, dass viele Gräber Ende 1988 quasi aus dem Nichts entstanden sind und dass Anfang 1989 Grabsteine an Orten zu finden waren, wo es keinerlei Zeichen von Grabungen oder Aushebungen gab. Einige Angehörige und Überlebende gehen davon aus, dass dies ein Versuch der Behörden ist, das Verbrechen herunter zu spielen und zu behaupten, der Ort der Gräber sei bekannt. Sie befürchten, dass die Opfer eher in nicht markierten Massengräbern zusammen mit Tausenden anderen Opfern verscharrt wurden.
In einem Fall stellte eine Familie im Juni 2017 fest, dass der Boden neben dem Grabstein, wo ihr Verwandter beerdigt sein soll, seit Jahrzehnten leer ist und dass sich dort weder Knochen noch sonstige Überreste befinden.
Im Sommer 1988 ließ das iranische Regime außergerichtlich und in schnellem Zeitraum Tausende politische Gefangene hinrichten, die in den iranischen Gefängnissen inhaftiert waren.
Die Fakten
• Mehr als 30.000 politische Gefangene wurden im Iran im Sommer 1988 hingerichtet• Das Massaker fand auf der Basis einer Fatwa von Chomeni statt• Die überwiegende Mehrheit der Opfer waren Aktivisten der Volksmojahedin Iran (PMOI, Mujahedin-e Khalq oder MEK).• Todeskomitees sprachen alle Todesurteile aus• Alireza Avaei, ein Mitglied der Todeskomitees, ist amtierender Justizminister im Kabinett von Hassan Rouhani. Die Verantwortlichen des Massakers wurden bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen.• Am 9. August 2016 bewies ein Audio – Mitschnitt vom damaligen designierten Nachfolger von Chomeni, dass das Massaker statt gefunden hat und dass es auf den höchsten Ebenen des Regime geplant wurde.