Das iranische Regime testet die westliche Permissivität; es wird Zeit für eine entschiedene Antwort

NWRI- Im August 2021 erkor der Oberste Führer des iranischen Regimes Ali Khamenei Ebrahim Raisi zum nächsten Präsidenten für das Regime. Noch bevor Raisi formell inauguriert wurde, wurde sein Einfluss offensichtlich in der Gestalt der steigenden Rate der Hinrichtungen und der aggressiveren Niederschlagungen heimischer Opposition. Zur gleichen Zeit wurde aber auch der Abscheu des iranischen Volkes gegenüber seiner Ernennung offensichtlich in der Gestalt neuer Ausflüsse dieser Opposition, die Khameneis Mission der Wiederherstellung der Ordnung nach vielfältigen landesweiten Aufständen herausgefordert haben.

Jetzt, ein Jahr nach dieser Inauguration, ist klar, dass diese Mission fehlgeschlagen ist. Beschneidungen der Nahrungsmittelhilfen und vermeidbare Katastrophen haben Proteste in großem Ausmaß im Mai und Juni entzündet, die bis heute andauern, unbeeindruckt von allen Versuchen des Regimes, die Öffentlichkeit mit Massenverhaftungen und der konstanten Betätigung der Galgen in den Gefängnissen einzuschüchtern. Mehr noch, diese und andere wiederkehrenden Protestaktionen sind oft durch die gleichen Slogans gegen die Regierung gekennzeichnet, die die Aufstände zu Beginn von 2018 und im November 2019 bestimmten. Darunter sind die Rufe „Tod dem Diktator“ in Bezug auf Khamenei und seit der Inauguration vor einem Jahr: „Tod für Raisi“.

Ebrahim Raisis Scheitern bei der Reparatur der Wirtschaft des Iran

Wenn jetzt der Meilenstein des ersten Jahrestages der repressiven Herrschaft des Präsidenten bevorsteht, so hat das iranische Regime offenbar erkannt, dass es seine Strategie zur Unterdrückung prodemokratischer Empfindungen ausdehnen muss. Deshalb hat die Nachrichtenagentur Fars, eine Medienanstalt, die enge Verbindungen zum Corps der Islamischen Revolutionsgarden hat, in der vergangenen Woche einen Artikel publiziert, der den Blick nach weit außerhalb der Grenzen des Iran lenkt. „Die Islamische Republik sollte militärische Aktionen auf die Agenda setzen, um internationalen Frieden und Sicherheit aufrechtzuerhalten“, heißt es darin, bevor das absurde Argument vorgebracht wird, dass solches Handeln mit dem Völkerrecht im Einklang stünde, wenn es sich gegen exilierte Dissidenten richtet, die weiterhin die Erzfeinde des Regimes sind. Der Ruf nach militärischer Aktion steht im Kontext einer langen Tirade gegen die Organisation der Volksmudschahedin des Iran (PMOI/MEK) und deren selbst erschaffene Gemeinschaft in Albanien, die man als Ashraf 3 kennt.

Der Artikel von Fars gibt implizit auch eine Empfehlung für terroristische Akte gegen die MEK, die euphemistisch als „Gegenmaßnahmen“ bezeichnet werden, die darauf abzielen, gegen die Länder zu ‚drohen‘, wo die Mitglieder wohnen. Aber die iranischen Regierungsstellen haben schon in der Vergangenheit versucht, nach dieser Empfehlung zu handeln, wobei nicht nur Ashraf 3 ins Visier genommen wurde, sondern auch Orte in Frankreich, in den Vereinigten Staaten und anderswo.

2018 wurde in Deutschland ein hochrangiger iranischer Diplomat verhaftet, nachdem man ihn als Chefplaner eines Bombenanschlags auf den Weltgipfel Freier Iran identifiziert hatte, eine Veranstaltung, die vom Nationalen Widerstandsrat Iran in der Nähe von Paris abgehalten wurde. Der Diplomat und seine drei bekannten Mitverschwörer wurden schließlich in Belgien vor Gericht gestellt und sie erhielten Urteile zu bis zu 20 Jahre Gefängnis für die Verabredung zum Begehen von Terrorakten und Mord.

Obwohl iranische Aktivisten die Urteile lobten, kritisierten sie auch die Westmächte dafür, dass sie es unterließen, der Verantwortlichkeit von Figuren, die höher im Regime stehen, nachzugehen, obwohl belgische Ermittler feststellten, dass der Terrorist Diplomat Assadollah Assadi auf Anordnung von Spitzenvertretern in der Regierung gehandelt hatte. Die Schwäche dieses Ansatzes wurde vor kurzem verdeutlicht, als die belgische Regierung offenbarte, dass sie insgeheim einen Vertrag mit dem Iran ausgehandelt hat, der die Bühne für Assadis Freilassung im Rahmen eines Gefangenenaustausches vorbereiten könnte nach nur vier Jahren von seinem Strafmaß von 20 Jahren.

Allein die Erwägung einer solchen Freilassung schickt eine beunruhigende Botschaft an das iranische Regime. Sie legt nahe, dass Belgien und seine Verbündeten sich nicht zum Verantwortlich machen selbst direkter Teilnehmer an iranischen terroristischen Plänen verpflichtet sehen, geschweige denn eine solche des Regimes selber. Im Lichte dieser Botschaft muss man sich fragen, wie das Regime potentielle Kosten und Nutzen von größeren Angriffen auf Gemeinschaften und Organisationen wahrnimmt, die Unterstützung aus dem Ausland erhalten für die laufenden Proteste, die einen Regimewechsel und eine demokratische Zukunft für den Iran verlangen.

Wenn Teheran gute Gründe hat zu glauben, dass es keine direkte Konsequenzen für solche Angriffe zu gewärtigen hat, welchen Grund sollte es dann haben, dem Impuls dazu zu widerstehen? Und wenn potentielle iranische Agenten wissen, dass das Regime nur eine weitere Geisel mit westlicher Staatsangehörigkeit zu nehmen braucht, um Freilassungen für sie zu erwirken, wie sehr soll es sie kümmern, dass sie vielleicht erwischt werden? Wenn das Regime außerdem denkt, dass es im Wesentlichen mit terroristischen Akten und sogar mit ausgesprochenen Militärschlägen auf westlichem Territorium davon kommt, was wird es dann nicht alles versuchen, um damit davonzukommen? Angesichts dessen, was Menschenrechtsgruppen eine „schreckliche Welle“ von Hinrichtungen nennen, und nach den brutalen Niederschlagungen von Manifestationen von Opposition wie der, die 1500 friedliche Protestierer im November 2019 das Leben kostete, ist es vielleicht schwierig sich vorzustellen, dass das Verhalten des Regimes im Inland noch schlimmer werden könnte. Aber noch einmal: der derzeitige Präsident des iranischen Regimes war einer der führenden Täter bei einem Massaker an politischen Gefangenen, das im Sommer das Leben von 30 000 Menschen forderte.

Dokumentation: Das Massaker von 1988 an 30 000 politischen Gefangenen im Iran und die Rolle Ebrahim Raisis

Es ist schon fast unmöglich, die Arten von Gräueltaten zu überschätzen, zu denen das iranische Regime fähig ist, besonders, wenn es denkt, dass es keine wirklichen Konsequenzen für sie zu gewärtigen hat. Höchstwahrscheinlich hat das Regime das letzte Jahr als einen ersten Test der westlichen Permissivität angesehen. Wenn die Raisi Administration jetzt in ihr zweites Jahr geht, können wir erwarten, dass unheilvolle Aktivitäten noch schneller einander ablösen, im In- und Ausland, wenn amerikanische und europäische Führer nicht umgehend die Bedeutsamkeit von Drohungen wie die erkennen, die vor kurzem in Fars veröffentlicht wurden. Die Antwort auf solche Drohungen sollte in einer klaren Aufzählung der ernsten Konsequenzen bestehen, die Teheran als Reaktion zu gewärtigen hat, in Form von noch ausgedehnteren Sanktionen, größerer diplomatischer Isolation, politischer Unterstützung für die demokratische Opposition und – ganz entscheidend – eine entsprechende Reaktion auf jede Verletzung der Souveränität und der nationalen Sicherheit westlicher Länder.