Das Schweigen zu dem Fall des iranischen Terrorismus

Das Schweigen zu dem Fall des iranischen Terrorismus entspricht den alten Gewohnheiten der EU- Außenpolitik

NWRI- Am Mittwoch gab das „Internationale Komitee Auf der Suche nach Gerechtigkeit“ eine Erklärung heraus; sie beklagt das europäische Schweigen zu der unlängst geschehenen Verurteilung Assadollah Assadis durch ein belgisches Gericht. Es handelt sich dabei um einen ranghohen iranischen Diplomaten, der das Unternehmen eines Bombenanschlages auf eine massive Versammlung iranischer Exulanten in der Nähe von Paris geleitet hatte. Es ist sehr unglücklich, daß die Organisation die Notwendigkeit einer Herausgabe dieser Erklärung erkennen m u ß t e ; es ist ja nicht die erste ihrer Art, und sie spiegelt die offenbar vorsätzliche Mißachtung des politischen Rates, der in den zurückliegenden Wochen von Dutzenden europäischer Abgeordneter und ehemaligen Regierungsbeamten erteilt worden war.

Die neue Erklärung wiederholt eine Pointe, die während des Prozesses häufig vorgetragen worden ist: „Es duldet keinen Zweifel, daß der Terror-Akt Assadis von den höchsten Rängen des Regimes, einschließlich dem Höchsten Führer Ayatollah Ali Khamenei, Präsident Hassan Rouhani, Außenminister Javad und Geheimdienstminister Mahmoud Alavi geplant und angeordnet worden war.“ Dieser Schluß wird durch viele Beweise gestützt, darunter die einfache Tatsache, daß Assadi als Dritter Berater der iranischen Botschaft in Wien in engem Kontakt mit den höheren Diplomaten einschließlich Zarif selbst stand, wodurch ausgeschlossen wird, daß das Außenministerium von seiner Tätigkeit nichts gewußt hätte.

Hinzu kommt: Das Ziel dieses Terroranschlages befand sich im Einklang mit einer langjährigen Obsession des iranischen Regimes selbst: Es trachtete darnach, die symbolisch bedeutendste Veran-staltung, die vom Nationalen Widerstandsrat der Iran (NWRI) organisiert wird, zu sprengen und die Leiterin besagten Bündnisses, Maryam Rajavi, zu ermorden. Die Hauptgruppe des NWRI aber ist die Organisation der Volksmojahedin des Iran (PMOI-MEK), und im Januar 2018 hatte Khamenei die Gruppe öffentlich als die zentrale Triebkraft des Aufstands anerkannt, der sich damals gegen das herrschende System richtete. Seitdem warnen die iranischen Funktionäre ihre Freunde vor weiterer Unruhe in diesen Reihen, und im November 2019 überbot eine weitere Protestbewegung die erste; sie verbreitete sich in annähernd 200 Städte.

Im Februar wurde ein iranischer Diplomat von einem Gericht in Belgien zu 20 Jahren Haft verurteilt

Den Autoren beider Erklärungen des ISJ ist klar, daß das Versagen der Europäischen Union, den Fall Assadi zu verfolgen, bezeichnend ist für die Haltung der westlichen Politiker: Sie gehorchen weiterhin dem von diesem Druck ausgeübten Einfluß – und dies noch, nachdem die Proteste, die sie in in ihrem Lande erfahren haben, und die Verhaftung Assadis das iranische Regime an seinem wundesten Punkt gezeigt haben.

Die neue Erklärung macht auf diesen Punkt ausdrücklich aufmerksam; sie nennt den „Europäischen Dienst zum Handeln im Ausland“ beim Namen und bezeichnet ihn als die Institution, die am ehesten geeignet ist, früheren politischen Empfehlungen zu folgen. Der Vorsitzende des ISJ, Alejo Vidal-Quadras, ehemals Vizepräsident des Europäischen Parlaments, fügte dem Inhalt der Erklärung das Folgende hinzu: „Das Schweigen des EEAS und seine bestürzenden Versuche, dies Terror-Regime zu befrieden, sind eine Schande und setzen die Bürger der Europäischen Union der Gefahr zukünftiger Angriffe aus.“

Der Bezug auf die Beschwichtigung ist ein immer wiederkehrendes Motiv der wohlbegründeten Kritik an der westlichen Iran-Politik. Deren Impuls wurde herangezogen, um die Tatenlosigkeit zu erklären, mit der die internationale Gemeinschaft auf das im Sommer 1988 an politischen Gefangenen begangene Massaker reagierte, welches sich besonders gegen die Volksmojahedin richtete und nach Schätzungen 30 000 Todesopfer forderte. Engagierte iranische Exulanten wandten sich damals intervenierend an die westlichen Regierungen und die internationalen Institutionen, doch es wurde niemand zur Rechenschaft gezogen, und niemand bis auf den heutigen Tag.

Natürlich gehört zu den Implikationen dieser Straflosigkeit die Drohung einer über die Gemeinschaft der engagierten Iraner noch schärfer ausgeübten Repression. Diese Gefahr wird durch die den Aufständen von 2018 und 2019 folgende anhaltende Verletzlichkeit des Regimes noch verstärkt. Doch zu den Implikationen gehört auch die gesteigerte Bedrohung der westlichen Sicherheit. Die Leitung der Europäischen Union kann beim besten Willen nicht hoffen, Teherans Obsession gegenüber den MEK zu trennen von seiner Bereitschaft zu Terror-Operationen im Herzen Europas.

Wenn der Bombenanschlag des Jahres 2018 Erfolg gehabt hätte, so hätte er ohne Zweifel hunderte von Menschen getötet, die an der jährlichen Versammlung „Freier Iran“ teilnahmen. Der Todeszoll hätte sich wahrscheinlich auf die Exulanten konzentriert, die von aller Welt zu der Veranstaltung gekommen waren, doch hätte er fast mit Gewißheit auch einige von den hunderten politischen Würdenträgern getroffen, die ebenfalls präsent waren und dem vornehmlichen Ziel des Anschlags, Maryam Rajavi, am nächsten saßen.

Doch selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, besteht hinreichend Grund für die Europäische Union, ihre frühere Be-schwichtigungspolitik gegenüber dem iranischen Regime zu revidieren. Es würde den Westmächten gestatten, ihren demokratischen Idealen näher zu kommen, indem sie sie auch im Herzen des Mittleren Ostens unterstützen würden. Doch es ist ebenso wichtig, daß es die westlichen Interessen vor einem iranischen Regime schützen würde, dessen wachsende Verzweiflung und wachsendes Gefühl der Straflosigkeit einen vollendeten Sturm hervorrufen und in Europa weitere, erfolgreichere Terroranschläge herbeiführen könnten.