Die westliche Beschwichtigungspolitik gegenüber dem Regime in Iran befeuert dessen Terror nur – sagt Alejo Vidal/Quadras, der damit seine eigene, lebensgefährliche Erfahrung gemacht hat.
Von Alejo Vidal-Quadras*
Der Tagesspiegel – Vor fast genau einem Jahr, am 9. November 2023, versuchte ein von der Islamischen Republik Iran beauftragter Bewaffneter, mich vor meinem Haus in Madrid zu töten.
Dies war die natürliche Folge davon, dass das Mullah-Regime mich an die Spitze seiner Todesliste gesetzt hatte, weil ich seit vielen Jahren Widerstand gegen seine Machenschaften geleistet und die demokratische Opposition Irans unterstützt hatte.
Der Staatsterrorismus des Irans kennt keine Grenzen. 2018 war eine jährliche Kundgebung von Zehntausenden iranischer Exilanten vor den Toren von Paris unter dem Banner des Nationalen Widerstandsrates Iran (NWRI) das Ziel eines Terroranschlags.
Im Nachgang dieser Veranstaltung wurde enthüllt, dass der Drahtzieher der geplanten Tat ein iranischer Diplomat in Wien war, der die NWRI-Präsidentin, Maryam Rajavi, töten sollte.
Wäre dieser Anschlag nicht durch europäische Strafverfolgungsbehörden vereitelt worden, hätte er sicher Hunderte, wenn nicht Tausende von Teilnehmern getötet, darunter zahlreiche westliche Würdenträger.
Nicht einmal die Revolutionsgarden landen auf der EU-Terrorliste
Der geplante Bombenanschlag hätte sofortige politische Veränderungen zur Bekämpfung der iranischen Terrorbedrohung auslösen müssen, aber vermutlich nahmen die Verantwortlichen diese Gefahr aufgrund der Beschwichtigungspolitik, die seit drei Jahrzehnten die Strategie Europas prägt, nicht ernst genug.
Dasselbe gilt für den Anschlag auf mein Leben, bei dem eine Kugel meine Kieferknochen zerstörte. Ich bin nicht der Einzige, der in den vergangenen Jahren eine bedrohliche Begegnung mit den Agenten und Söldnern des Regimes überlebt hat.
„Die Beschwichtigungspolitik in den Beziehungen Europas zur Islamischen Republik ist tief verwurzelt.
Alejo Vidal-Quadras, Ex-EU-Politiker“
Außenpolitische Verantwortliche in der Europäischen Union lehnen es bisher ab, das Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) als ausländische Terrororganisation einzustufen, obwohl dies von der Mehrheit des Europäischen Parlaments und den nationalen Parlamenten mehrerer Mitgliedsstaaten gefordert wurde.
Dies zeigt, wie tief verwurzelt die Beschwichtigungspolitik in den Beziehungen Europas zur Islamischen Republik ist. Diese Beschwichtigung hat mein Leben und das zahlloser anderer
Sie hat auch die Unterstützung des Iran für regionale Terrorgruppen gestärkt und direkt zu der Gefahr eines großflächigen Krieges beigetragen, die jetzt über dem Nahen Osten schwebt.
Doch niemand wurde schwerer von der Straflosigkeit des Regimes getroffen als das iranische Volk selbst und sein organisierter Widerstand. Dies ist der größte Faktor, der in unserer Iran-Politik fehlt.
Der iranische Widerstand steht bereit, die Diktatur abzulösen
Der Aufstand von 2022 zeigte der gesamten Welt, was viele westliche Politiker wie ich schon lange erkannt haben: dass der iranische Widerstand eine tragfähige demokratische Alternative zur bestehenden theokratischen Diktatur darstellt und dass das iranische Volk gut daran täte, diese Alternative umzusetzen.
Des Weiteren haben die Demonstranten im Iran deutlich gemacht, dass sie sowohl die herrschende Theokratie als auch die Monarchie ablehnen.Eine neue Politik sollte mit der Terrorlistung der IRGC beginnen – dem bedeutendsten Instrument des Regimes, um den Widerstand im Inland zu unterdrücken und oppositionelle Aktivitäten im Ausland zu verfolgen.
Anschließend sollten die westlichen Regierungen von den Vertretern des Regimes Rechenschaft verlangen, die für den Terrorismus und die gravierenden Menschenrechtsverletzungen in dieser Unterdrückung beteiligt sind.
Schließlich müssen dieselben Regierungen das Recht der iranischen Bevölkerung und ihres Widerstands formell anerkennen, sich gegen die repressiven Maßnahmen ihrer tyrannischen Regierung zur Wehr zu setzen.
*Alejo Vidal-Quadras war von 1999 bis 2015 Vizepräsident des Europäischen Parlaments. Derzeit ist er Präsident des Internationalen Komitees für die Suche nach Gerechtigkeit (ISJ), einer NGO mit Sitz in Brüssel.