Martin Patzelt, Mitglied im Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages: „Menschenrechtsverletzer müssen zur Verantwortung gezogen werden. Der Ausbau der Beziehungen von EU-Staaten mit Iran muss erneut von einem Moratorium der Hinrichtungen abhängig gemacht werden.“
Zehntausende Menschen haben am letzten Juni-Wochenende in Paris mit einer Großveranstaltung ein eindrucksvolles Zeichen für die Verteidigung der Menschenrechte im Iran gesetzt. Zu den Mitwirkenden aus Deutschland gehörte Martin Patzelt, Mitglied im Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages.
In einem Gastbeitrag in FOCUS-Online hatte Martin Patzelt bereits im Vorfeld der Pariser Veranstaltung auf die verheerende Menschenrechtslage im Iran aufmerksam gemacht. Darin heißt es u.a.:
„Im Iran wird die Justiz von der Regierung missbraucht! Staatliche Willkür wird für den Machterhalt instrumentalisiert und legalisiert! Für im staatlichen Auftrag handelnde Personen wird Straffreiheit geschaffen! So liegen die Dinge in der Islamischen Republik Iran. Das kanadische Parlament hat gerade aktuell in einem sehr klaren und bemerkenswerten Beschluss dazu Stellung genommen.
Das drohende Scheitern des Atomabkommens mit dem Iran bestimmt das politische Handeln in Europa und verdrängt die Sicht auf die katastrophale Lage der Menschenrechte in der Islamischen Republik immer weiter in den Hintergrund. (…)
Während die Fußball-WM auch im Iran die Aufmerksamkeit auf sich fokussiert, wurde ein völlig umstrittenes Todesurteil vollstreckt. Die Nachricht über die Hinrichtung von Mohammad Salas, ein Anhänger eines Sufi-Ordens im Iran, hat für breites internationales Entsetzen gesorgt.
Unter dem Hashtag #SaveSalas kritisierten Netz-Aktivisten, dass er kein faires Verfahren gehabt habe. Amnesty International wirft dem Iran vor, dass das Opfer unter Folter ein Zwangsgeständnis abgelegt habe. Darüber hinaus hat Herr Salas dieses „Geständnis“ später widerrufen. Doch damit nicht genug: Nasrin Sotoudeh, eine der bekanntesten iranischen Menschenrechtsanwältinnen, die weltweit von Kollegen hochgeschätzt wird, wurde in ihrer Wohnung in Teheran erneut verhaftet und ins berüchtigte Evin-Gefängnis gebracht. Man habe Frau Sotoudeh erklärt, sie müsse eine fünfjährige Haftstrafe verbüßen.
Paris: Protest gegen Hinrichtungen im Iran
Weder sie noch ihr Mann Reza wussten irgendetwas über ein entsprechendes Urteil. Nasrin hat die Willkürjustiz im Lande offen kritisiert; sie hat einige profilierte iranische Kritiker vertreten. Eine ihrer Klientinnen war Narges Hosseini, die öffentlich und friedlich gegen den Frauen auferlegten Schleierzwang protestiert hatte. Die Willkürjustiz greift immer mehr um sich. Die iranische Justiz verweigert den politisch Beschuldigten das Recht, sich von einem Anwalt ihrer Wahl vertreten zu lassen. Laut staatlichen Medien werden demnächst nur noch zwanzig vom Justizchef bestätigte Anwälte die Menschen rechtlich vertreten können, denen ein „Vergehen gegen nationale Sicherheit bzw. ein politisches und Medienverbrechen“ zur Last gelegt wird. Das ist ein Höchstmaß an Verhöhnung und Degradierung des Justizwesens in einem Staat und widerspricht jeder internationalen Norm.
Deutschland und die EU-Staaten wollen am Atomabkommen festhalten. Dennoch wird auch in Paris und Berlin bereits darüber nachgedacht, ob das Abkommen, in dem das Thema Menschenrechte bewusst und auf Verlangen des Iran ausgeklammert wurde, nicht nachgebessert werden muss. (…)
Menschenrechtsverletzer – besonders wenn sie in staatstragender Funktion handeln müssen zur Verantwortung gezogen werden. Der Ausbau der Beziehungen von EU-Staaten mit Iran muss erneut von einem Moratorium der Hinrichtungen abhängig gemacht werden. All diese Schritte können die europäischen Verhandlungspartner in die Gespräche einbringen. Jeder Einsatz für die Menschenrechte wird sicher die Lage der Menschen im Iran verbessern und den Wandel zur Demokratie im Iran beschleunigen.“