Niedrige Wahlbeteiligung wird den Iran in eine Diktatur verwandeln, warnt Khamenei!

Im 45. Jahr der religiösen Diktatur des Iran hat Ali Khamenei, der Oberste Führer, der über 34 Jahre lang die Macht für sich mit Terror und Blutvergießen bewahrt hat, seine Sorge vor der potentiellen Entstehung eine Diktatur geäußert. Am 23. Dezember erklärte Khamenei: „Manche kritisieren das Abhalten von Wahlen, die zu Frustration führten. Sie erkennen nicht, dass das Land ohne Wahlen entweder eine Diktatur oder Chaos, Aufruhr und Unsicherheit zu erwarten hat“.

Bei einem Treffen mit einer Gruppe enger Gefolgsleute, laut Khameneis Website Personen aus Khusistan und Kerman, betonte er: „Die Bezeichnungen ‚Republik‘ und ‚Islamisch‘ verweisen beide auf Wahlen. Eine Republik impliziert Herrschaft durch das Volk, wo also die Regierung durch Wahlen in den Händen des Volkes liegt. Eine Teilnahme an Wahlen zu entmutigen ist schädlich für das Land. Die Lösung für die Probleme des Landes liegt im demokratischen Prozess von Wahlen“.

Dennoch haben Beobachter der Ereignisse im Iran eine monatelange Vorbereitung Khameneis auf eine ausgedehnte Säuberung des Parlaments ausgemacht. Der Madschlis, der vor vier Jahren vom Wächterrat in Bezug auf die Zugehörigkeit rigoros überprüft worden ist, hat vor kurzem Gesetzen seine Zustimmung verweigert, die der Oberste Führer und die Raisi Regierung gerne gehabt hätten. Anfang November hat eine an das  Innenministerium angeschlossene Instanz zahlreiche Kandidaten für die Parlamentswahl disqualifiziert, darunter Dutzende von derzeitigen Mitgliedern, womit ihnen letztlich die Teilnahme an den anstehenden Scheinwahlen für das Parlament versperrt ist.

Warnungen vor einem landesweiten Boykott wurden von zahlreichen Amtsträgern aus früheren Regierungen und Parlamenten und sogar von rivalisierenden Fraktionen ausgesprochen. Diese Stimmung spiegelte sich auch in den Segmenten der Gesellschaft, die zuvor vom Regime profitiert haben, was eine große Desillusionierung und eine Abnahme der Wahlbeteiligung in den letzten Jahren offenbart.

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Ali Rabii, früherer Arbeitsminister, Sprecher in Hassan Rohanis Regierung und stellvertretender Minister der Nachrichtendienste, warnte: „Im Gegensatz zu früheren Zeiten, ist das Maß der Ankündigung der Teilnahme abnehmend, je mehr wir uns den Wahlen nähern“

Rabii führte weiter aus: „Der Bericht des ISPA Meinungsforschungsinstituts lässt erkennen, dass 27,9 % der Menschen erklärt haben, dass sie definitiv an den Wahlen teilnehmen wollen. 7,4 % werden wahrscheinlich teilnehmen, 21,9 % haben sich noch nicht entschieden, 36 % haben erklärt, dass sie sich an diesen Wahlen auf keinen Fall beteiligen wollen. Außerdem haben 6,8 % eine geringe Wahrscheinlichkeit der Beteiligung an diesen Wahlen zum Ausdruck gebracht. Wenn wir diejenigen, die definitiv ihre Absicht der Teilnahme geäußert haben, mit der Hälfte derjenigen, die wahrscheinlich teilnehmen, kombinieren, kommen wir auf einen annähernden Wert von 32 %, was die genauere Zahl ist“.

Auf der anderen Seite haben   Medienanstalten mit Verbindungen zur Raisi Regierung sich um die Wette bemüht, mit Werbeanzeigen und der Vorstellung von früheren Randfiguren an die sogenannten Wähler zu appellieren und die Wahlbeteiligung in die Höhe zu treiben. Zugleich gewinnt, je näher das Wahldatum rückt, ist ein beträchtliches Maß an Nachrichten über Konflikte unter den Führern der drei Gewalten und ihren Anhängern im jetzigen Parlament in den staatlich kontrollierten Medien auffällig.

Die anstehenden Parlamentswahlen, die auf den 1. März 2024 angesetzt worden sind, sind dazu ausersehen, die Vertreter für die zwölfte Amtsperiode des Parlaments des Regimes, das aus 290 Repräsentanten für vier Jahre besteht, zu bestimmen. Sie werden zusammenfallen mit den Scheinwahlen für die sechste Amtsperiode der „Versammlung der Experten der Führung“. Wegen des Alters und des Gesundheitszustandes von Ali Khamenei gibt  es die verbreitete Spekulation, dass die nächste Expertenversammlung eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung des künftigen Obersten Führers und damit für das Geschick des Regimes spielen wird.

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In offizielle Bekanntmachungen staatlicher Institutionen, die oft für ihren Mangel an Transparenz und Genauigkeit der Berichterstattung kritisiert werden, ist von einer Wahlbeteiligung von „42,75 Prozent“ bei den vorherigen Parlamentswahlen, die am 18. Juni 2021 stattfanden, die Rede. Diese Beteiligung war die niedrigste in den letzten vier Jahrzehnten.

In den letzten Jahren hat Khamenei eine Strategie der Konsolidierung der Macht verfolgt und zahlreiche Mitglieder rivalisierender Fraktionen ausgeschlossen, zum Teil auch frühere Verbündete. Das hat zu einer verringerten und prekäreren Basis der Unterstützung für seine Führung geführt. Dementsprechend sind sich der Oberste Führer und seine Verbündeten dessen bewusst, dass sie angesichts der revolutionären Stimmungen in der iranischen Gesellschaft sicherlich vor Herausforderungen bei der Mobilisierung von Unterstützung und der Unterdrückung von Dissens stehen werden, was potentiell ihr Regime untergräbt.

Es deutet einiges darauf hin, dass verschiedene Parteien und Gruppen, die auf der Linie der früheren Präsidenten Mohammad Khatami und Hassan Rohani   stehen, ihre Entscheidung, keine Kandidaten zu nominieren, getroffen haben.

Dennoch hat Hassan Rohani trotz Drohungen seitens der herrschenden Fraktion seine Kandidatur für die Wahlen für die Expertenversammlung bekannt gegeben. Obwohl er warnte, dass ein Anschluss an ihn zu schlimmeren Konsequenzen für das Regime führen könnte,  teilte Rohani einer Versammlung von Klerikern am 23. Dezember mit: „Manchmal gibt man bei einer Wahl seine Stimme ab, wenn man keine Stimme abgibt“.

Während des Aufstands von 2022, der sich über etliche Monate hinzog und ausgedehnte Proteste im ganzen Iran sichtbar machte, die zu einem Sturz der Kleriker Diktatur aufriefen, wandte sich Khamenei innerhalb von wenigen Wochen mehr als fünfmal öffentlich an die Nation. Er rief zur Unterstützung jetziger und früherer Amtsträger seiner Regierung auf. Trotzdem blieb dieser beispiellose Schritt bei den höchsten Behörden unbeachtet.

Wenn Khamenei zu einer höheren Wahlbeteiligung aufruft und sich zugleich zu weiteren Säuberungen in seinem Regime anschickt im Streben nach einer in seiner Wahrnehmung loyaleren und damit auch stärkeren Form der Herrschaft, dann ist es nur eine Frage der Zeit, wann es den nächsten Aufstand gibt, der ihn eines Besseren belehrt.