Das iranische Regime versucht, mit Propagandaveranstaltungen die grausame Realität in den iranischen Gefängnissen zu vertuschen. Politische Gefangene protestieren gegen die Verhöhnung von Tausenden von Opfern, die im Evin-Gefängnis hingerichtet oder zu Tode gefoltert wurden. Amnesty International fordert ausländische Diplomaten auf, sich gegen Folter und andere Misshandlungen der Gefangenen im Iran sowie gegen die willkürlichen Inhaftierungen friedlicher Kritiker und Menschenrechtsverteidiger auszusprechen.
Anfang Juli hat das iranische Regime ausländische Diplomaten in das berüchtigte Evin-Gefängnis in Teheran eingeladen. Ihnen wurde nur ein sehr kleiner ausgesuchter und vorher hergerichteter Bereich des Gefängnisses gezeigt. Die Diplomaten durften mit den politischen Gefangenen, von denen viele vor dem Besuch in Isolationshaft gesperrt wurden, nicht zusammentreffen. Ihnen wurde außerdem der Zugang zu Bereichen verwehrt, die vom Geheimdienst und den Revolutionsgarden kontrolliert werden, wo Gefangene regelmäßig Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt sind.
Das Teheraner Evin-Gefängnis ist weltweit als Foltergefängnis berüchtigt.
Das Teheraner Regime hat kein Geheimnis daraus gemacht, dass der Besuch des Evin-Gefängnisses dazu dienen sollte, negativen Menschenrechtsberichten über das Gefängnis entgegenzuwirken. Staatliche iranische Medien schlachteten den Besuch genüsslich aus und schrieben, mehrere Botschafter seien beeindruckt von den Haftbedingungen gewesen. Die von Gefangenen und Menschenrechtlern erhobenen Vorwürfe wegen der Zustände in dem Gefängnis seien haltlos, sagten Vertreter des Regimes.
Nachdem dieser Täuschungsversuch bekannt geworden war, protestierten politische Gefangene und Menschenrechtsorganisationen scharf dagegen, dass die ausländischen Diplomaten sich für diese Propaganda-Veranstaltung benutzen ließen. Amnesty International sprach von einem „geschmacklosen PR-Trick“, mit dem Ziel, die dunkle Realität dieses Gefängnisses zu vertuschen.
Politische Gefangene bezeichneten diese Besichtigungstour als Verhöhnung von Tausenden von Opfern, die im Evin-Gefängnis hingerichtet oder zu Tode gefoltert wurden. Die Menschenrechtsverletzungen, mit denen die Häftlinge in diesem Gefängnis täglich gequält werden, dürften nicht ignoriert und reingewaschen werden.
Die UNO-Sonderberichterstattern für die Menschenrechtslage im Iran wird vom Teheraner Regime noch nicht einmal ins Land gelassen, geschweige denn ins Evin-Gefängnis. Menschenrechtsorganisationen wird der Zugang zu iranischen Gefängnissen grundsätzlich verwehrt.
Realität im Evin-Gefängnis: Der Menschenrechtsaktivist Arash Sadeghi und seine Frau Golrokh Ebrahimi Iraee sind beide wegen ihrer friedlichen Menschenrechtsarbeit seit 2016 im Evin-Gefängnis inhaftiert. Das Bild rechts zeigt Arash Sadeghi nach einem Jahr Haft. Mit einem Hungerstreik hat er sich vergeblich um die Freilassung seiner Frau bemüht. Er ist schwer krank und wird gefoltert, indem ihm die notwendige medizinische Versorgung verweigert wird.
Jahrelange Recherchen von Amnesty International und anderen Menschenrechtsorganisationen belegen die unmenschlichen und gesundheitsgefährdenden unhygienischen Zustände im Evin-Gefängnis. Chronische Überfüllung, streng begrenztes Warmwasser, schlechte Belüftung und andauernder Schaben- und Mäusebefall, insbesondere in den Küchen, sind im Evin-Gefängnis alltäglich.
Gefangene, so Amnesty International, hätten beschrieben, wie sie gezwungen wurden, auf dem Boden zu schlafen, auch in kalten Wintermonaten, weil zu wenige Betten vorhanden seien. Auch würden sie „kaum genießbares” Essen vorgesetzt bekommen. Gefangene, die in der glücklichen Lage sind, sich dies leisten zu können, können sich im Gefängnisladen Mahlzeiten auf eigene Kosten kaufen.
Der bekannte Menschenrechtsanwalt Abdolfattah Soltani vor und nach seiner Inhaftierung im Evin-Gefängnis. Auch ihm wird die notwendige medizinische Versorgung verweigert.
Amnesty International berichtet weiter:
„Das Evin-Gefängnis steht im Iran und weltweit für die im Iran herrschende politische Unterdrückung. In diesem Gefängnis sind im Laufe seiner schmachvollen Geschichte Hunderte friedlicher Aktivisten, Journalisten, Intellektuelle und Menschenrechtsanwälte inhaftiert worden.
Dennoch hat man den ausländischen Delegierten nicht erlaubt, diejenigen Bereiche des Gefängnisses zu besuchen, in denen Dutzende politische Gefangene einsitzen, darunter Menschenrechtsaktivisten. Dazu gehört Gebäude 350, in dem der prominente Menschenrechtsanwalt Abdolfattah Soltani und der schwer erkrankte Menschenrechtsverteidiger Arash Sadeghi inhaftiert sind; das Gebäude 8, in dem Menschenrechtsverteidiger Omid Alishenas inhaftiert ist, und der Frauenblock, in dem die Menschenrechtsverteidigerinnen Narges Mohammadi, Golrokh Ebrahimi Iraee und Atena Daemi inhaftiert sind. (…)
Sie konnten auch nicht mit den Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft zusammenkommen, die in diesem Gefängnis aufgrund fragwürdiger Anklagen festgehalten werden, darunter die Britisch-Iraner Nazanin Zaghari-Ratcliff und Kamal Foroughi und der im Iran geborene und in Schweden wohnhafte Dr. Ahmadreza Djalali, der während des gesamten Besuches in Einzelhaft verlegt wurde.“
Außenmauer des Evin-Gefängnisses in Teheran
Den ausländischen Delegierten, so Amnesty International, sollte inzwischen klargeworden sein, dass die iranischen Stellen sie lediglich missbraucht haben, um ihre eigene Propaganda zu bestätigen: „Sie müssen sich gegen Folter und andere Misshandlungen der Gefangenen im Iran sowie gegen die willkürlichen Inhaftierungen friedlicher Kritiker und Menschenrechtsverteidiger aussprechen und fordern, dass die staatlichen Stellen unabhängigen Beobachtern ungehinderten Zugang zum Evin-Gefängnis und zu anderen Gefängnissen gewähren.“
„Wenn die iranischen Stellen wirklich daran interessiert sind, ihren Ruf zu verbessern, müssen sie dringend die Überfüllung der Gefängnisse angehen und den Zugang zu angemessenem Essen, Wasser, ärztlicher Versorgung, Hygiene und Betten für alle Gefangenen gewährleisten. Sie müssen außerdem den Einsatz von Folter und anderen Misshandlungen beenden, die Gefangenen mit Würde und Menschlichkeit behandeln, zu Unrecht inhaftierte friedliche Dissidenten freilassen und internationalen Beobachtern, darunter der UN-Sonderberichterstatterin zur Menschenrechtslage im Iran, erlauben, unabhängige und unangekündigte Inspektionen des Evin-Gefängnisses und anderer Gefängnisse durchzuführen, wie dies internationalen Standards entspricht.“