NWRI – Je klarer der Standpunkt der USA zum Atomabkommen wird, desto mehr schauen Hassan Rohanis Regierung und seine Anhängerschaft auf Europa, um den Pakt zu erhalten.
Da es aber eine interne widersprüchliche Haltung innerhalb des Regimes über alle Aspekte dessen gibt, gibt es einen Interessenkonflikt und entsprechend verschiedene Meinungen zwischen den rivalisierenden Gruppierungen in dieser Hinsicht. Das heißt, es gibt auch eine starke Uneinigkeit zwischen den zwei rivalisierenden Gruppierungen darüber, welche Position Europa letzten Endes zu dem Atomabkommen beziehen wird, wobei Rohanis Medien und sein Club darauf zählen, dass Europa bis zum Ende dem Regime zur Seite stehen und diesen Standpunkt gegen die Vereinigten Staaten verteidigen wird.
„Da er auf die Europäer schaut in Bezug auf das Schicksal des Atomabkommens, meinte Rohani am Ende seines Besuches in New York: „Sie (die Europäer) gaben bei unseren Treffen ihrer Unterstützung für das Atomabkommen Ausdruck und sagten, sie hätten die USA auf ihre Gesichtspunkte aufmerksam gemacht. Wie Europa an die Sache herangeht, wird weitgehend die Art bestimmen, wie wir uns verhalten“. (Die staatliche Nachrichtenagentur Mehr am 20. September 2017)
Die Internetseite des Journalistenclubs des Regimes verweist am 25. September in diesem Zusammenhang auf den Standpunkt Deutschlands gegenüber dem Atomabkommen und seine Verbindungen zum Regime. Man geht dort soweit, zu behaupten, dass „Merkel die Trumpfkarte des Iran in der internationalen Arena darstellt“. Die Internetseite spricht dann Deutschlands künftige Beziehungen zum iranischen Regime an und meint: „Die Rolle, die Deutschland in dem Atomabkommen gespielt hat, zeigt seinen großen Wunsch, politische Beziehungen zum Iran zu unterhalten“.
Die staatlichen Internetseiten führen in einem anderen Artikel die Reaktion Europas auf die Entscheidung der USA über das Atomabkommen an: „Trotz Trumps Versuchen, das Atomabkommen zu sabotieren, indem sie es im Oktober aufheben, werden die Europäer unabhängig darauf reagieren“.
Mit ‚unabhängiger Reaktion‘ auf Trumps Entscheidung im Oktober meint der Autor des Artikels, dass die EU sich auf die Seite des iranischen Regimes stellen wird in dessen Konflikt mit den USA in Bezug auf das Atomabkommen. „Die Europäer fühlen sich stärker an das Atomabkommen gebunden und versuchen, es stark zu stützen“, heißt es in dem Artikel.
Seyed-Reza Mirtaher, der als Experte für internationale Angelegenheiten gilt, äußerte in seinem Interview mit dem Radio Goftegu des Regimes am 19. September: „Es ist jetzt so, dass die Vereinigten Staaten und deren europäische Partner mehr und mehr auseinanderdriften und der Rückzug der USA aus dem Atomabkommen wird ihre Uneinigkeit stärker fördern. Abgesehen davon werden Russland und China auch andere Postionen zum Atomabkommen des Iran (als die USA) in dieser Hinsicht beziehen. Zuvor haben die P5+1 in der Regel einen einheitlichen Standpunkt gegenüber dem Atomabkommen gehabt, wenn die USA aber ausscheren, so werden wir sehen, dass die anderen Mitglieder dem Iran zur Seite stehen gegen die Vereinigten Staaten“.
Freilich haben Medien und Persönlichkeiten, die mit dem Regimeführer Ali Khamenei verbunden sind, andere Ansichten über die künftige Einstellung der EU und besonders Frankreichs.
„Davon angetan zu sein, dass sich die Europäer auf das Atomabkommen versteifen und auf mögliche Neuverhandlungen, ist ein strategischer Fehler, der einerseits dabei hilft, Trumps Puzzle zu vervollständigen, und auf der anderen Seite das Land in neue Sanktionen, in eine unsicherere Lage und in Destabilisierung treibt“. (Die staatlichen Nachrichten Mashregh vom 20. September 2017).
In Bezug auf die EU, besonders Frankreich als ‚good cop‘, der in einen psychologischen Krieg mit dem ‚bad cop‘ getreten ist, damit sie Außenminister Javad Zarif dazu zwingen können, neue Zugeständnisse in New York zu machen, warnt die staatliche Resalat am 20. November: „Solange die Regierung ihr Leben an das Atomabkommen geknüpft hat und auf Unterstützungen aus den USA und Europa setzt, wird es einen nie endenden Circulus Vitiosus immer weiterer Zugeständnisse geben“.
Die staatliche Internetseite Rajanews, die ebenfalls Khamenei nahesteht, verweist auch auf die künftige Haltung Europas zum Atomabkommen und meint: „Europa, wird niemals seine wirtschaftlichen Verbindungen zu den USA den Beziehungen zum Iran opfern. Das Prinzip von Investitionen liegt in der Furcht, das heißt, dass der Investor dazu tendiert, dort zu investieren, wo 100 Prozent Rücklauf garantiert ist. Solange der Iran seine Streitigkeiten mit den Vereinigten Staaten nicht beigelegt hat, wird der europäische Investor nicht bereit sein, seinen großen Markt dem kleinen des Iran zu opfern, indem er mit den USA in Streit gerät“. (Die staatlichen Raja-Nachrichten am 18. September 2017)
Khameneis Zeitung Kayhan verweist außerdem auf Frankreichs Einstellung gegenüber dem Atomabkommen: „Die Entwicklungen der letzten Tage bei der UNO bestätigen Kayhans ‚ergänzenden Bericht zum Atomabkommen“ und seine Analyse unter der Überschrift „Das gefährliche Spiel mit einem zweiten Atomabkommen“ und sie haben auch gezeigt, dass Frankreich vollständig mit den USA kooperiert, so dass alles für eine Ergänzung des Atomabkommens vorbereitet wird. Nach Rohanis Treffen mit dem französischen Präsidenten haben die Nachrichtenagenturen der Welt, so etwa auch Reuters, berichtet, dass Emmanuel Macron eine neue Runde der Atomgespräche vorgeschlagen und Rohani gewarnt habe, dass Teheran damit aufhören müsse, die USA in der Region zu provozieren“.
Es stellt sich jedoch die Frage: „Was ist der Grund hinter den inkonsistenten und natürlich verworrenen Sichtweisen in den Medien des Regimes und bei dessen Vertretern in Bezug auf das Atomabkommen?“
Die Konfusion im Regime kommt aus dem Fehlschlag des Atomabkommens und aus der Art, wie sich der Giftbecher auswirkt.
Das Regime hat angenommen, dass es mit der Einnahme des Giftbechers eines Atomabkommens mit allen Arten von Zugeständnissen sowohl Europas als auch der USA belohnt werden würde. Aber das ist nicht nur nicht passiert, sondern das Regime ist jetzt auch in einer Zwickmühle, in der wenige Optionen offenstehen.
Entweder geht das Regime noch mehr Pakte ähnlich dem Atomabkommen ein, was für es sehr gefährlich wäre, oder es zieht sich aus dem Atomabkommen zurück, was ebenso zu unerwünschten Konsequenzen führt.
Deshalb hat sich das Atomabkommen jetzt in einen Hebel verwandelt, mit dem es dem Regime an die Gurgel geht. Außerdem wird mit immer mehr Sanktionen außerhalb des Bereichs der Atombewaffnung, wie solche, die sich auf das Raketenprogramm des Regimes oder auf Verletzungen der Menschenrechte beziehen, mit Sanktionen, die alle paar Monate in Kraft gesetzt werden, das Regime immer mehr unter Druck gesetzt, sowohl ökonomisch als auch politisch.