Die EU sollte den Magnitsky Act anwenden für Ebrahim Raisis Rolle im Massaker von 1988

NWRI- Raisi, Schlächter beim Massaker von 1988 im Iran
Am Montag wurden drei Todesurteile in einer Haftanstalt im Iran vollstreckt. In den vorherigen 10 Tagen wurden mindestens 15 andere Personen in verschiedenen Gefängnissen erhängt, womit ein Maß an Hinrichtungen angesetzt wurde, dass sich sicher fortsetzen, wenn nicht erhöhen, wird nach der Inauguration von Ebrahim Raisi zum Präsidenten des Regimes.
Der neue Präsident diente zuvor ab März 2019 als Chef der Justiz des iranischen Regimes. In dieser Rolle hatte er die Oberaufsicht bei einer bemerkenswerten Ausweitung der Anwendung der Todesstrafe durch eine Regierung, die schon berüchtigt war für die höchste jährliche Rate an Hinrichtungen pro Kopf. Unter anderem hat die Justiz unter der Führung Raisis die erste Hinrichtung seit Jahren bei einer Person vollstreckt, die nur für das Trinken von Alkohol angeklagt worden war. Nach dem Volksaufstand im November 2019 hat sie auch eine Kampagne für systematische monatelange Folter durchgeführt nach den ersten Zusammenstößen, bei denen grob 1 500 friedliche Protestierer getötet wurden. Mit dieser Niederschlagung der Proteste hat Raisi gewissermaßen sein Erbe vermehrt, das er 1988 angelegt hatte, als er eifrig eine führende Rolle beim Massaker an politischen Gefangenen übernahm, das auf eine Fatwa des Regimegründers Ruholla Khomeini folgte. Dieses religiöse Edikt zielte besonders auf die Organisation der Volksmudschahedin des Iran (PMOI/MEK) und legte fest, dass die Mitgliedschaft in einer Gruppe, die gegen die theokratische Diktatur opponierte, ein Beweis für „Feindschaft gegen Gott“ sei, für die einer Person ohne Gnade hingerichtet werden sollte.

Iran: Eine Fatwa, die 30 000 politischen Gefangenen beim Massaker 1988 das Leben nahm
Auch nach der bereitwilligen Übernahme dieser Zeitstimmung hat Raisi inhaltlich in den letzten Jahren weiterhin daran festgehalten, auch als immer mehr klar wurde, dass er und andere Mitglieder der „Todeskommissionen” mehr als 30 000 Todesurteile in nur drei Monaten umgesetzt hatten. In vielen Fällen waren solche Urteile das Ergebnis von Vernehmungen, die nur zwei Minuten dauerten. Die meisten Opfer waren politische Gefangene, die ihre Haftzeit, die ihnen vor der Fatwa auferlegt worden war, schon abgesessen hatten.
Diese Art der Verachtung für die eigenen Gesetze des iranischen Regimes war fortan ein immer wiederkehrendes Merkmal der Bemühungen des Regimes, Dissens niederzuschlagen. In Raisis Amtszeit als Justizchef hat der Oberste Führer Ali Khamenei einseitig und willkürlich die Autorität des stellvertretenden Justizchefs Gholamhossein Mohseni Ejei ausgeweitet, indem er ihn mit der Befugnis ausstattete, neben seinem Vorgesetzten Todesurteile zu verhängen. Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass dies dabei mithalf, das Maß der Hinrichtungen in den letzten beiden Jahren zu erhöhen und Ejei darauf vorzubereiten in die Fußstapfen des Spitzentodesrichters des Iran zu treten, sobald er zum Nachfolger von Raisi befördert worden sein würde.

Von rechts Ebrahim Raisi, Gholam Hossein Mohseni Ejei und Hossein Ali Nayeri

Als er zwischen 1985 und 1988 als Repräsentant der Justiz im Ministerium für Nachrichtendienste diente, spielte auch Ejei eine Rolle im Massaker an politischen Gefangenen und dabei, die Bühne für längerfristige Ausschaltungen von Dissens vorzubereiten. In den folgenden Jahren hat er mitgeholfen dabei, die Ermordungen von iranischen Intellektuellen zu organisieren, die als „Kettenmorde“ bekannt sind. 2009 haben sowohl er als auch Raisi die gewaltsame Unterdrückung der Proteste von 2009 vorangebracht und Ejei ist in den folgenden Jahren für diese Rolle mit Sanktionen belegt worden.
Zum jetzigen Zeitpunkt sind sowohl Ejei als auch Raisi Gegenstand von Sanktionen für verschiedene Verstöße gegen die Menschenrechte, aber ihre beginnende Führung in der iranischen Regierung und bei der Strafverfolgung macht klar, dass die vorhandenen Maßnahmen in keiner Weise ausreichen, um zu verhindern, dass die Verstöße sich wiederholen. Zumindest wird die Todesstrafe weiterhin als Form unverhältnismäßiger Bestrafung und gewaltsamer Einschüchterung von Oppositionellen weiter angewendet werden. Und je mehr solcher Oppositioneller an den Demonstrationen in großem Maßstab wie denen teilnehmen, die vor kurzem aus den Protesten gegen die Wasserknappheit in der Provinz Khusistan erwachsen sind, desto mehr besteht Grund zu der Annahme, dass Raisi und Ejei auch die Niederschlagung von 2019 und womöglich das Massaker von 1988 als Richtschnur dafür nehmen, wie mit der wachsende Unruhe umzugehen ist. Die internationale Gemeinschaft muss Schritte unternehmen, um das zu verhindern. Dafür muss sie am Anfang beginnen, nämlich dem Massaker von 1988 und den frühen Karrierestufen führender iranischer Amtsträger. Seit Jahren fordern Kritiker des iranischen Regimes eine formelle internationale Untersuchung über dieses Massaker, die die Anklagen gegen führende Teilnehmer beim Internationalen Strafgerichtshof zum Ergebnis haben könnte.

Raisis „Wahl“ und die darauf folgende Beförderung Ejeis machen eine solche Untersuchung zwingender als je, aber leider war das bis jetzt nicht die Politik der EU. Im Gegenteil schickt der Vertreter für Außenpolitik Josep Borrell seinen Stellvertreter Enrique Mora zur Teilnahme an Raisis Inauguration und unterstützt sie damit implizit.
Das ist eine Beleidigung des iranischen Volkes und dazu heißt es in einer Erklärung des NWRI: „Die Präsidentschaft von jemandem zu legitimieren mit einem langen Strafregister wegen Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist eine Verhöhnung der Demokratie und der universellen Prinzipien der Menschenrechte, die die Entstehung der Europäischen Union untermauert haben und für die Menschen zehnmillionenfach im zwanzigsten Jahrhundert gestorben sind“.
Und, wie das International Committee in Search of Justice (ISJ) getwittert hat: „Statt Enrique Mora in den Iran zu schicken, damit er bei der Inaugurationsprozedur von Raisi anwesend ist, müssen die Führer der EU den Magnitsky Act für seine Rolle bei Massaker von 1988 anwenden. Die Teilnahme an dieser verfluchten Zeremonie wird Raisi dazu ermutigen, beim Atomvertrag noch weitergehende Forderungen zu stellen. Es wird einen Massenmörder nicht weich werden lassen“.