Berlin – 25. September 2025 – Im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin versammelten sich Dutzende Bundestagsabgeordnete, Menschenrechts- und Außenpolitik-Experten sowie Vertreter der iranischen Diaspora zu einer hochrangig besetzten Konferenz über die künftige Iran-Politik nach der Wiederinkraftsetzung von UN-Sanktionen. Veranstalter waren das Deutsche Solidaritätskomitee für einen freien Iran (DSFI) und die Gesellschaft von Deutsch-Iranern; Leiter und Moderator der Sitzung war der CDU-Abgeordnete Carsten Müller.
Maryam Rajavi, gewählte Präsidentin des Nationalen Widerstandsrats Iran (NWRI), schaltete sich per Live-Videokonferenz zu und lieferte den inhaltlichen Auftakt: Sie hob hervor, dass die Aktivierung des Snapback-Mechanismus zwar „ein sehr notwendiger Schritt“ sei, warnte zugleich aber davor, dies als Allheilmittel zu sehen. Rajavi betonte, die wirkliche Lösung liege im inneren Wandel — der Sturz des Regimes durch das iranische Volk und dessen organisierte Widerstandsstrukturen — und verwies auf die Massenkundgebungen des iranischen Widerstandes in Brüssel und New York als Ausdruck eines flächendeckenden Volkswillens. Ihre Rede zeichnete ein Bild wachsender innerstaatlicher Dynamik und forderte die internationale Gemeinschaft auf, die legitime Opposition als realistische Alternative ernsthaft zu unterstützen. „Es ist an der Zeit, dass Deutschland und alle Regierungen der Europäischen Union den Kampf des iranischen Volkes für den Regimewechsel anerkennen“, so Maryam Rajavi. „Sie dürfen die Einstufung der Revolutionsgarden (IRGC) als terroristische Organisation nicht weiter verzögern.“
Carsten Müller eröffnete die politische Bilanz der deutschen Abgeordneten mit klaren Worten: Nach drei Jahren anhaltender Proteste und jüngsten regionalen Rückschlägen des Regimes sei die Theokratie schwächer denn je — zugleich erhöhe Teheran innenpolitisch die Repression und exportiere weiterhin Terror. Müller bezeichnete das Scheitern, die Aktivierung des Snapback-Mechanismus zu blockieren, als „einen strategischen Schlag für das Regime“ und wertete dies als einen beschleunigenden Faktor für einen möglichen Regimewechsel; zugleich rief er zu stärkerer Kooperation mit der organisierten iranischen Opposition um den NWRI auf.
Botschafter a. D. Joachim Rücker zeichnete in zwei prägnanten Beiträgen ein rechtspolitisches und moralisches Lagebild: In einem Teil plädierte er für eine stärkere Verknüpfung von Menschenrechtsarbeit und Außenpolitik, verlangte unabhängige Untersuchungsmechanismen und nannte die anhaltende Welle von Folter und Hinrichtungen als Beleg für eine Kultur der Straflosigkeit, die internationales Handeln erfordere.
In einem zweiten, pointierten Abschnitt warnte Rücker ausdrücklich vor einer Verklärung der Vergangenheit: Er verwies auf das laufende Strafverfahren in den USA gegen Parviz Sabeti, den ehemaligen SAVAK-Direktor, und mahnte, dass eine Rückkehr zur Schah-Vergangenheit — in welcher Form auch immer — keine Option für eine demokratische Zukunft Irans darstelle. Damit stellte er sich klar gegen jede Form von Nostalgie, die autoritäre Kontinuitäten verschleiern könnte.
Leo Dautzenberg, langjähriger Abgeordneter und einer der Organisatoren vor Ort, nahm in seiner Ansprache die Debatte um Alternativen zum Regime auf und wandte sich deutlich gegen monarchistische Rückkehrsphantasien: Er hob hervor, dass die politischen Forderungen der heutigen Iran-Protestbewegung nicht in der Wiederherstellung früherer autoritärer Modelle münden dürften, sondern auf eine säkulare, demokratische Republik zielen. Dautzenberg rief die deutschen Fraktionen zu konstruktiven Kontakten mit dem Nationalen Widerstandsrats Iran auf und betonte, dass die Unterstützung einer innenbasierten, demokratischen Alternative zugleich europäische Sicherheitsinteressen wahre.
Dr. Hans-Ulrich Seidt, ehem. deutscher Botschafter in Afghanistan und ehem. Chefinspekteur des Auswärtigen Amts sagte: „Eine realistische geopolitische Analyse der vergangenen zweieinhalb Jahre im Nahen und Mittleren Osten kommt zu dem Ergebnis, dass das Regime in Teheran in einer Existenzkrise steckt. Heute sehen wir: Assad ist gestürzt, die Hisbollah ist weitgehend zerschlagen, die Huthi wurden massiv in die Defensive gedrängt, und Iran hat sich geopolitisch nach innen zurückgezogen. Das bedeutet, dass die Anstrengungen des Regimes über Jahrzehnte – finanziell wie personell sowie in Form von Reputation und Geldinvestitionen – größtenteils zunichtegemacht worden sind.“
Die Konferenz endete mit einem klaren Appell an die Bundesregierung und die EU: Symbolische Erklärungen reichen nicht mehr — Europa müsse nun koordinierte, konkrete Maßnahmen ergreifen, von der Durchsetzung gezielter Sanktionen bis zum Schutz politischer Flüchtlinge und zur Unterstützung unabhängiger Menschenrechtsuntersuchungen. Mehrere Redner forderten zudem, die Legitimität der aufständischen Jugend und der organisierten Opposition als Teil einer realistischen volksverbundenen Lösung anzuerkennen.