Explosion in Bandar Abbas zeigt die Prioritäten des iranischen Regimes: Überleben vor Verantwortung

NWRI- Die katastrophale Explosion im Hafen von Rajaee in Bandar Abbas hat nicht nur Dutzende Tote und Hunderte Verletzte gefordert, sondern auch die wahren Prioritäten des iranischen Regimes brutal offengelegt: das eigene Überleben um jeden Preis zu sichern, anstatt die menschliche und wirtschaftliche Zerstörung zu bekämpfen.

Die staatlichen Medien, insbesondere Kayhan, griffen die Tragödie rasch auf – nicht um die Opfer zu betrauern oder Sicherheitsmängel anzusprechen, sondern um Warnungen vor internen „Verrätern“ und ausländischer „psychologischer Kriegsführung“ zu verstärken. In einem vielsagenden Leitartikel konzentrierte sich Kayhan auf einen Kommentar des ehemaligen Geheimdienstlers und heutigen politischen Aktivisten Abbas Abdi, der die Explosion als Beweis für die wachsende Kluft zwischen Volk und Staat bezeichnet hatte.

In der ursprünglich über Ham Mihan verbreiteten Analyse hatte Abdi gewarnt: „Die Explosion in Bandar Abbas, ob durch Fahrlässigkeit oder Sabotage verursacht, erfordert eine gründliche Überprüfung der Sicherheitsprotokolle – und, was noch wichtiger ist, ein Überdenken der allgemeinen Politik, die die Voraussetzungen für solche Katastrophen geschaffen hat.“

Er erklärte unverblümt, dass Sabotage und Verrat nicht nur durch äußere Feinde, sondern auch durch „innere Schwächen“, wie politische Ernüchterung und soziale Entfremdung, begünstigt würden – ein Eingeständnis, das die Stabilität des Regimes in ihrem Innersten trifft.

 

Kayhan instrumentalisierte Abdis Äußerungen jedoch, um sein umfassenderes Narrativ zu untermauern: Die Verwundbarkeit des Iran sei die Schuld von „Verrätern“ im eigenen Land, denen es an nationaler Loyalität mangele, und nicht das Versagen der Regierung. Die Zeitung bezeichnete Abdi als „Verräter“ und warf ihm vor, seinen eigenen „Verrat“ zu projizieren. Seinen Ruf nach politischen Reformen verurteilte sie als „idiotisch und böswillig“.

In einer außergewöhnlichen Passage erklärte Kayhan: „Die Explosion kann nicht allein der Böswilligkeit von Ausländern angelastet werden. Sie rührt im Wesentlichen von unseren eigenen Schwächen in den Bereichen Sicherheit, Geheimdienst und Politik her“, nur um dann die Richtung zu ändern und diese Schwächen als Schuld vermeintlicher fünfter Kolonne darzustellen, statt als Schuld des Systems selbst.

Saeed Shariati, ein weiterer Regimeinsider, der zum „Reformer“ wurde, betonte, dass es dem Regime mit Transparenz im Zoll und umfassender Überwachung im Hafen unmöglich sei, die Wahrheit zu verbergen. Er warnte jedoch auch, dass die Regierung ohne echte Transparenz das ohnehin schon große Misstrauen der Bevölkerung noch vertiefen werde. Dieser innere Widerspruch – das Eingestehen katastrophaler Schwachstellen und gleichzeitige Angriffe auf diejenigen, die sie offenlegen – offenbart die tiefere Angst des Regimes: dass die sozialen Gräben zu groß, die Loyalität zu gering und die Unzufriedenheit zu unbeständig sind, um sie auf unbestimmte Zeit unter Kontrolle zu halten.

Medien wie Ham Mihan boten derweil eine deutlich nüchternere Einschätzung. Sie stellten fest, dass die Bereitschaft der Öffentlichkeit, Sabotageszenarien – ob wahr oder nicht – zu glauben, einen tiefgreifenden Vertrauensverlust in offizielle Darstellungen und das chronische Versagen des Staates bei der transparenten Bewältigung von Krisen widerspiegelt.

 

Sogar der ehemalige Abgeordnete Heshmatollah Falahatpisheh warnte, der Vorfall in Bandar Abbas sei ein eklatantes Beispiel für die Nachlässigkeit des Zivilschutzes und argumentierte: „Solche Konzentrationen brennbarer Materialien ohne angemessene Schutzmaßnahmen würden nirgendwo sonst auf der Welt toleriert werden.“

Doch die größte Sorge des Regimes galt nicht den verheerenden menschlichen oder wirtschaftlichen Kosten, sondern der dringenden Notwendigkeit, zu verhindern, dass der Vorfall zu politischen Unruhen eskaliert. In einem anderen Artikel warnte Kayhan heute, am 28. April, obsessiv vor „psychologischen Operationen ausländischer Medien“ und beharrte darauf, dass die wahre Bedrohung nicht die Explosion selbst, sondern der narrative Krieg westlicher Medien sei. Die Aufrechterhaltung der „nationalen Moral“ und der „Einheit“ wurde als vorrangig dargestellt, weit über Transparenz, Rechenschaftspflicht oder Gerechtigkeit für die Opfer.

Gleichzeitig enthüllte Etemad, wie die Explosion tiefgreifendes Missmanagement im Hafen von Rajaee offenlegte – von unsicher gelagerten Gefahrstoffen bis hin zur Missachtung grundlegender Sicherheitsstandards. Doch die Forderungen der Gesetzgeber nach Untersuchungen zielten weniger auf echte Reformen als vielmehr auf Schadensbegrenzung, um den öffentlichen Zorn zu beschwichtigen. Selbst als Fahrlässigkeit eingestanden wurde, blieb die Bewältigung der Folgen die oberste Priorität des Regimes, nicht die Auseinandersetzung mit den systemischen Fehlern, die eine solche Katastrophe unvermeidlich machten.

 

Diese Reaktion offenbart eine düstere Realität: Im heutigen Iran wird jeder Unfall, jede Katastrophe, jeder kleinste Funke Dissens nicht nur als Krise, sondern als existenzielle Bedrohung behandelt – nicht etwa, weil ausländische Verschwörungen allgegenwärtig wären, sondern weil das Regime weiß, dass seine eigenen Fundamente gefährlich instabil sind.

Wie Setareh Sobh betonte, ist allein der wirtschaftliche Schlag katastrophal: Bandar Abbas macht den Großteil des iranischen Containerhandels und einen erheblichen Anteil seiner Öl- und Nicht-Öl Exporte aus. Doch inmitten der physischen Zerstörung ist es die offengelegte politische Fragilität, die die tiefsten und nachhaltigsten Narben hinterlassen könnte.

Die Explosion in Bandar Abbas ist nicht nur eine Tragödie. Sie ist ein Spiegelbild eines Regimes, das von Angst gelähmt, von Inkompetenz ausgehöhlt und zunehmend unfähig ist, die tiefer werdenden Risse zu verbergen, die jede neue Krise offenlegt.